19. Forum «Innere Sicherheit»® 04.11.2025 Casino Bern
Sicherheit 4.0 - Wie weit kann die Polizei mit KI gehen?
Künstliche Intelligenz (KI) ist allgegenwärtig – die meisten Menschen haben bereits damit zu tun gehabt oder werden es bald. Auch die Polizeiarbeit bleibt davon nicht unberührt. Fake News, Robocops im Einsatz, KI als Partnerin bei Interventionen, virtuelle Trainings im Metaverse. Die Möglichkeiten sind vielfältig, doch was ist schlussendlich tatsächlich sinnvoll? Können gewisse KI-Modelle sogar den Personalmangel entschärfen? Die Nutzung von Künstlicher Intelligenz im Polizeibereich bietet sowohl Chancen als auch Risiken. Die unterschiedlichen Technologien können die Effizienz und Präzision in der Polizeiarbeit steigern, bringen jedoch auch Herausforderungen mit sich.
Dank KI kann die Polizei zum Beispiel eine schnellere Verbrechensvorhersage leisten oder ihre Ermittlungseffizient steigern. Mit der automatisierten Überwachung und Früherkennung von verdächtigten Aktivitäten, ist es möglich, die Beweisanalyse und somit die Präventionsarbeit zu stärken.
Im Gegenzug bestehen Risiken wie die Verletzung der Privatsphäre, mangelnde Transparenz, die Fehleranfälligkeit des Systems, unzureichende menschliche Kontrolle sowie die Gefahr externer Angriffe.
Die Einführung von KI in der Polizeiarbeit hat das Potenzial, die Sicherheit zu erhöhen und die Effizienz zu steigern, aber es erfordert eine sorgfältige Regulierung und ethische Überlegungen. Die Technologien sollten so eingesetzt werden, dass die Rechte der Bürger gewahrt bleiben und mögliche Verzerrungen oder Missbräuche vermieden werden. Ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Technologieeinsatz und menschlicher Kontrolle ist entscheidend.
Während des Forums Innere Sicherheit des VSPB beleuchten wir diverse Gesichtspunkte. Wir erfahren, welche KI-Trends in der Polizeiarbeit aktuell sind, welche Technologien bereits angewendet werden und welche KI-Modelle nicht umsetzbar sind. Wir untersuchen, wie sich der Umgang mit KI in der Schweiz im Vergleich zu anderen Ländern unterscheidet und ob die Polizeien auf den Einsatz Künstlicher Intelligenz vorbereitet sind.

Keine Plätze mehr verfügbar
- Teilnahme für VSPB-Mitglieder kostenlos
- Preis für Nicht-Mitglieder: CHF 280.-
- Der Event wird simultan übersetzt auf DE/FR/IT
Programm Forum 2025
08.15 Uhr: Türöffnung und Kaffee im Foyer
09.15 Uhr: Start der Veranstaltung
12.15 Uhr: Moderierte Podiumsdiskussion
13.30 Uhr: Apéro, Stehlunch und Networking
15.00 Uhr: Schluss der Veranstaltung
Wir freuen uns, auch dieses Jahr ausgewiesene Persönlichkeiten aus Politik, Wissenschaft und Praxis zu unserem Forum «Innere Sicherheit» begrüssen zu dürfen:
Olivier Ribaux, Professor an der Schule
für Kriminalwissenschaften der Universität Lausanne

Künstliche Intelligenz (KI) beschleunigt den digitalen Wandel, der die Polizeiarbeit bereits tiefgreifend beeinflusst hat. Das Hauptziel besteht darin, die Effizienz zu steigern. KI kommt bei der Erstellung von Berichten, bei Transkriptionen, Übersetzungen, biometrischer Erkennung, Datenverarbeitung usw. zum Einsatz. Diese Tools versprechen, schneller, besser und in grösserem Umfang zu agieren. Zahlreiche internationale Berichte empfehlen einen ethischen und rechtlichen Rahmen, die Anpassung von Organisationen und Prozessen, die Stärkung der Infrastruktur sowie gezielte Schulungen.
Aber reicht das aus? Der Wandel betrifft nicht nur die Werkzeuge. Er betrifft das Wesen der Kriminalität und die darauf zu ergreifenden Massnahmen. Es reicht nicht aus, „mehr vom Gleichen” zu tun: Können wir neuen Bedrohungen wirklich mit alten Mustern begegnen?
In dieser technologischen Notlage besteht die Gefahr, dass Antworten gefunden werden, ohne das Problem ausreichend verstanden zu haben.
Was noch fehlt, ist ein tiefgreifendes Verständnis der Integration verschiedener Formen der KI in kriminelle Strukturen, ihres Potenzials für neue Reaktionsstrategien und ihrer weiteren Entwicklung.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ein langfristiges Forschungsprogramm erforderlich ist, das die Anwendungen, Fähigkeiten, Risiken und Grenzen der KI genau erfasst, um schrittweise Aufschluss über die entscheidenden Entscheidungen zu geben, die in der Praxis getroffen werden müssen.
Dr. Jean-Marc Rickli, Head of Global and Emerging Risks
Geneva Centre for Security Policy (GCSP)

Die jüngsten Fortschritte im Bereich der künstlichen Intelligenz, die durch die zunehmende Rechenleistung, das steigende Datenvolumen und verbesserte Algorithmen für maschinelles Lernen vorangetrieben werden, haben zu bedeutenden Entwicklungen geführt, wie beispielsweise der Alpha-Algorithmusreihe von Google Deepmind oder ChatGPT von OpenAI.
Die Geschwindigkeit dieses technologischen Wachstums ist exponentiell und seine Verbreitung erfolgt sowohl horizontal (zwischen Staaten) als auch vertikal (von staatlichen zu nichtstaatlichen Akteuren). Dies eröffnet alarmierende Perspektiven hinsichtlich der potenziell böswilligen Nutzung dieser Technologie und der Möglichkeiten, diese zu verhindern. Ähnliche Entwicklungen sind auch bei anderen neuen Technologien wie Quantencomputern, Nanotechnologien, Neurowissenschaften oder synthetischer Biologie zu beobachten.
Das Zusammenspiel dieser Technologien ebnet den Weg für bedeutende wissenschaftliche Fortschritte mit sehr positiven Auswirkungen für die Menschheit. Aufgrund der raschen Demokratisierung dieser Technologien kann jedoch das Risiko eines Missbrauchs, insbesondere eines böswilligen Missbrauchs, nicht ausgeschlossen werden. Dies hat direkte Auswirkungen auf die Arbeit der Polizeibehörden. Einerseits schaffen diese Technologien neue Risiken, die neue Kompetenzen erfordern, andererseits können sie auch die Arbeit der Polizei verbessern, insbesondere im forensischen Bereich.
Martina Arioli, Rechtsanwältin, lic. iur., LL.M.

KI verändert die Polizeiarbeit – rechtliche Leitplanken sind dabei unverzichtbar. Die Schweiz wird die KI‑Konvention des Europarats ratifizieren und diese sektorbezogen ins Schweizer Recht überführen. Da der Bund den kantonalen KI‑Einsatz mangels Kompetenz nicht direkt regelt, entstehen Rechtsunsicherheiten auf kantonaler Ebene. Die Kantone stehen vor der Herausforderung, den KI‑Einsatz autonom zu regeln, ohne zu wissen, wie weit die Revisionen auf Bundesebene reichen werden.
Bereits heute gibt es jedoch klare bundesgerichtliche Vorgaben: KI‑gestützte Überwachung wie automatisierte Fahrzeugfahndung und Gesichtserkennung ist nur mit einer hinreichend bestimmten gesetzlichen Grundlage zulässig. Der Entscheid zum Luzerner Polizeigesetz vom 17. Oktober 2024 hat dies deutlich gemacht und zwingt die Kantone zu präzisen Regelungen bezüglich Zweckbindung, Speicherfristen und Kontrollmechanismen. Auch die aktuelle Debatte um die Revision des Zürcher Polizeigesetzes unterstreicht, dass kantonale Gesetze den Einsatz von KI differenziert, transparent und grundrechtskonform ausgestalten müssen.
Am Beispiel der Beschaffung des automatisierten Fingerabdruck-Identifikationssystems (AFIS), der Revision des Bundesgesetzes über die polizeilichen Informationssysteme des Bundes (BPI) und der künftigen nationalen Abfrageplattform POLAP zeigt sich, wie stark der Einsatz von KI die Bearbeitung besonders schützenswerter Personendaten berührt.
Die Polizei braucht für die Nutzung von KI zur Prävention von rechtsstaatlichen Gefährdungen klare gesetzliche Grundlagen. Zentral bleibt die Frage, wie technologische Effizienz und Grundrechtsschutz in Einklang gebracht werden können.
Holger Münch, Präsident des Bundeskriminalamts
BKA Deutschland

Künstliche Intelligenz stellt Sicherheitsbehörden vor neue Herausforderungen und eröffnet zugleich Chancen. Kriminelle nutzen KI-Werkzeuge auf kreative Weise, wodurch aktuelle Entwicklungen der Kriminalität verstärkt werden.
So wird etwa die Erstellung von Phishing-Mails, Deepfakes oder Schadsoftware auch für Personen ohne technische Vorkenntnisse möglich. Zudem können Schwachstellen in IT-Systemen durch den Einsatz von KI leichter ausgenutzt werden. Gleichzeitig bietet KI auch innovative Möglichkeiten für moderne Sicherheitsbehörden: Automatisierung, Gesichtserkennung oder die Auswertung großer Datenmengen können Ermittlungen unterstützen. Auch in der Verwaltung kann uns KI helfen: digitale Chatbots ermöglichen einen niedrigschwelligen Zugang zu Informationen oder erleichtern den Schriftverkehr. Diese Effizienzsteigerung ermöglicht es unseren Mitarbeitenden, sich auf ihre Kernaufgaben zu fokussieren.
Aus diesem Grund gilt es, neue Einsatzmöglichkeiten von KI mitzudenken und Technik weiterzuentwickeln. Schließlich sind auch rechtliche Befugnisse entscheidend, denn nur mit verbindlichen Rahmenbedingungen ist eine effektive Strafverfolgung möglich. KI gehört zur Zukunft – auch als Teil der Sicherheitsbehörden.
Matteo Cocchi, Präsident der Konferenz
der Kantonalen Polizeikommandantinnen und -kommandanten der Schweiz (KKPKS)
Kommandant Kantonspolizei Tessin

Der Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) durch die Polizei ist eine der neuesten Entwicklungen im Bereich der öffentlichen Sicherheit. Instrumente wie die prädiktive Kriminalitätsanalyse, automatisierte Überwachungssysteme, Übersetzungs- und Transkriptionshilfen sowie elektronische Ermittlungshilfen versprechen effizientere Ermittlungs- und Präventionsmassnahmen.
Die Vorteile liegen auf der Hand: schnellere Identifizierung von Verdächtigen, Optimierung der operativen Ressourcen und Möglichkeit, Risikosituationen frühzeitig zu erkennen.
Der Einsatz von KI wirft jedoch ethische und rechtliche Fragen auf. Der massive Einsatz sensibler Daten kann die Privatsphäre gefährden, während das Risiko von Fehlern aufgrund verfälschter Daten Vorsicht geboten ist. Aus diesen Gründen muss eine Rechtsgrundlage geschaffen werden, die klare Grenzen für den Einsatz festlegt. In der Schweiz gibt es derzeit keine spezifischen Bundesvorschriften zur Regelung des Einsatzes von KI bei der Polizei, aber ihr Einsatz unterliegt dem Datenschutzgesetz und den Grundsätzen der Rechtsstaatlichkeit.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass KI Chancen für die Sicherheit bietet, aber einen verantwortungsvollen, transparenten und regulierten Einsatz erfordert, um die Ermittlungsarbeit durch die Verwendung unbestätigter Daten und die individuellen Freiheiten nicht zu gefährden. Auch in diesem Bereich werden Ethik und Berufsethik der Beamten eine wesentliche Rolle spielen.
Stefan Aegerter, Direktor Schweizerisches
Polizei-Institut (SPI)

Künstliche Intelligenz (KI) hält Einzug in die Polizeiausbildung – und sie eröffnet mehr Chancen als Gefahren. Das Bildungspolitische Gesamtkonzept (BGK) (siehe bgk-cgf.ch) berücksichtigt bereits Zukunftskompetenzen, die durch KI geprägt werden. So können KI-basierte Simulationen Polizeikräfte in unvorhersehbaren Szenarien trainieren – vom deeskalierenden Gespräch bis zur komplexen Einsatztraining im virtuellen Raum. KI kann bei sinnvollem Einsatz den Lerneffekt steigern und Ressourcen optimieren.
Doch der Mensch bleibt im Zentrum: Intuition, Erfahrung und Ethik sind durch keinen Algorithmus ersetzbar. KI soll das Lernen erleichtern, nicht Menschen ersetzen. Darum ist die Balance zwischen Technik und Kontrolle entscheidend. Kritiker führen oft den Datenschutz ins Feld – zu Recht. Genau deshalb ist es Aufgabe der Ausbildung, künftige Einsatzkräfte für einen verantwortungsvollen Umgang mit Daten, Transparenz und Verhältnismässigkeit zu sensibilisieren.
Internationale Studien zeigen: Dort, wo Datenschutz und Ethik fest in die Ausbildung integriert wurden, steigt auch die Akzeptanz neuer Technologien. Beispiele aus den USA oder den Niederlanden belegen, wie KI etwa bei Deeskalations-Trainings oder Cybercrime-Analysen eingesetzt wird. Für die Schweizer Polizei gilt: Wir dürfen uns der digitalen Realität nicht verschliessen – denn die Sicherheit von morgen verlangt souveräne Polizistinnen und Polizisten, die KI kritisch nutzen und verantwortungsvoll beherrschen.
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